„Vom Buch zum Film“ – unter diesem Motto öffneten die Leonine Studios in München uns CLÄUS*INNEN die Tore und gaben einen Einblick in die Rolle des Buches in der Filmbranche.
Zum Start wurden wir im großen Konferenzraum von Marion Kohler, Director Literary and IP-Scouting Fiction, und Dr. Roman Ullrich, Senior Legal Counsel in der Rechtsabteilung, begrüßt. Dort warteten bereits Goodies sowie Snacks auf uns. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begann Marion Kohler den spannenden Vortrag rund um das Thema Buchadaption. Dabei ging sie zunächst auf die Rolle von IPs (Intellectual Properties) ein, die aktuell in der Filmbranche sehr gefragt sind. Auch Bücher gehören zu diesen IPs, die von Produktionsfirmen wie Leonine Studios gescoutet und als Film oder Serie adaptiert werden. Zu den Vorteilen von Buchadaptionen gehören unter anderem, dass es sich meistens um Bestseller handelt, die bereits eine etablierte Fanbase mitbringen, und die Zielgruppe schon genauer definiert ist, was entscheidend für ein zielführendes Marketing ist.
Man erhofft sich von den Adaptionen, dass sie die Zuschauer*innen genauso begeistern, wie die Leser*innen und man das Publikum beim Medientransfer mitnehmen kann. Dass sich diese Strategie auszahlt, zeigen die Zahlen des vergangenen Jahres: Fast die Hälfte der 50 erfolgreichsten deutschen Kinofilme aus dem Jahr 2023 basieren auf Büchern. Meistens handelt es sich dabei entweder um Dramen oder um Kinderfilme. Auch bei den Serien, die für das Fernsehen oder Streaming produziert werden, werden häufig Bücher als Vorlage genommen. Hier herrscht dagegen eine Dominanz von Genrestoffen, und vor allem Spannungsliteratur wird oft seriell adaptiert.
Bei der Auswahl der Bücher für Adaptionen werden verschiedene Aspekte beachtet: Ist das Buch bereits erfolgreich oder könnte es zum Bestseller werden? Spricht es Trend- oder Zeitgeistthemen an? Wie sieht es mit Originalität und Qualität aus? Hat das Buch einen besonderen Schauwert, weil es an einer außergewöhnlichen Location spielt? Wie lässt sich der Text in einem neuen Medium umsetzen? Dabei spielt auch immer das Budget eine Rolle, da beispielsweise ein großer Cast, Locations in verschiedenen Ländern oder ein historisches Setting die Produktionskosten enorm steigern.
Die Vermittlung der IPs findet durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Buchmarkt statt. Die Filmrechte können dabei bei den Urheber*innen selbst, ihren Erb*innen, den Verlagen oder bei Literatur-, Medien- sowie Filmagenturen liegen. Um die Rechte zu erwerben, entwickelt die Produktionsfirma eine konzeptionelle Vision (Adaptionskonzept, welche Kreative könnten das Projekt umsetzen, (Drehbuchautor*innen, Regisseur*innen, …), welche Partner suchen einen derartigen Stoff?, etc.). Dieses Konzept wird – zusammen mit einem finanziellen Angebot – der*m Rechtegeber*in vorgelegt und bildet die Grundlage für die Entscheidung.
Um den Weg vom Buch zum Film weiter zu verfolgen, gab uns als nächstes Dr. Roman Ullrich, uns einen Einblick in die Rechteklärung, beginnend mit der Frage in den Raum, was denn eigentlich alles zum Urheberrecht gehöre. Die Antworten kamen prompt: z.B. das Buch oder Buchähnliches. „Alles was Werk ist“, bestätigte Roman Ullrich. Es handele sich hierbei allerdings auch um einen offenen Begriff – alle kreativen Werke von der Choreographie über das Gemälde bis zu einer Tapete können geschützt sein, solange sie eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen. Man spreche hier von der „kleinen Münze“. So sei die bloße Idee nicht geschützt – sie müsse schon einen gewissen Reifegrad haben. Beim Urheberrecht sei keine Registrierung nötig, es entstehe mit Herstellung, das „Werk“ müsse nicht irgendwo eingetragen sein, damit es urheberrechtlich geschützt sei.
Auch das bekannte Beispiel des Selfies eines Makaken namens „Naruto“ wurde angesprochen, an dem weder der Fotograf ein Urheberrecht hatte, dem die Kamera mit der das Selfie gemacht wurde gehörte, noch der Makake, da nur Menschen Inhaber eines Urheberrechts sein können. Ebenso wurde das Thema KI aufgegriffen und nochmals darauf hingewiesen, dass KI generierte Inhalte nur insoweit urheberrechtlich geschützt seien, als an der KI generierten Arbeit auch ein Beitrag durch eine Person eingeflossen sei.
Außer dem Urheberrecht selbst seien bei der filmischen Umsetzung vorbestehender sog. IPs aber auch noch weitere geistige Eigentumsrechte relevant. Z.B. wären bei einer Verfilmung einer neu entwickelten „Bibi Blocksberg“- oder „Die Drei ???“-Geschichte Markenrechte betroffen. Ferner wären beim Erwerb sog. Formatrechte oft Bündel unterschiedlicher Rechte betroffen. Selbst wenn eine einfache Prämisse (Idee), die einem vorbestehenden Format zugrunde liegt, im Einzelfall nicht schutzfähig wäre, könnten der Vorteil der Bekanntheit der Marke (Show-/Serienname) oder aber auch der Ausschluss entgegenstehender Klagen von vornherein Gründe für eine Formatlizenzierung sein.
Im nächsten Schritt und auf dieser Information aufbauend klärte Dr. Roman Ullrich über den Options- & und Verfilmungsvertrag auf, mit dem man sich Verfilmungsrechte für ein Buch in zwei Phasen sichert. In der ersten Phase, der Optionsphase, findet die Entwicklung bis zur Drehreife statt. In dieser Phase werden Drehbuchautor*innen gefunden, die aus dem optionierten Buchstoff ein Filmskript entwickeln. Es überraschte viele der CLÄUS*INNEN wie lange so eine Optionsphase laufen kann. Nicht selten würden Stoffe mitunter auch 2 bis 3 Jahre optioniert bevor es in die anschließende Dreh- und Schnittphase gehen kann – was die Frage aufwarf, wie man sich sicher sein könne, dass die Inhalte dann in drei Jahren noch wertvoll genug seien, um sie dann zu verfilmen. Und warum optioniert man ein Buch so lange? Weil vor dem Inkrafttreten des eigentlichen Verfilmungsvertrages (was tatsächlich dann erst zum Drehstart passiert) noch Partner wie Sender oder Streamer gefunden werden müssen sowie die Finanzierung sichergestellt werden muss, insbesondere auch durch die Beantragung von Fördergeldern, damit ein Film überhaupt zustande kommt. Auf dem Weg dorthin braucht es üblicherweise mehrere Drehbuchfassungen und es müssen schließlich auch Cast und Regie gefunden werden. Erst wenn diese Dinge stehen, geht der Film in die Umsetzung und tritt schließlich auch der Verfilmungsvertrag über die Buchvorlage in Kraft.
Ein beachtlicher Weg, den ggf. auch ein Buch zum Film macht und der uns alle sehr beeindruckt hat.
Zuletzt wurde von beiden Leonine-Sprecher*innen noch hervorgehoben, wie wichtig die Einbindung der Autor*innen bei der Umsetzung von Buchadaptionen ist. Marion Kohler betonte dabei, dass Autor*innen ihre Figuren und Welten am besten kennen und somit die Zusammenarbeit wesentlich ist, auch wenn es immer bestimmte Anpassungen beim Transfer in ein anderes Medium geben muss und das Letztentscheidungsrecht bei den Produzent*innen liegt.
Im Anschluss an den Vortrag folgte noch eine kurze Führung durch das moderne Gebäude. Dabei wurden alle ein wenig neidisch, als wir einen Raum betraten, der wie ein Heimkino mit riesiger Leinwand und bequemen Kinosesseln eingerichtet ist. Er wird u.a. von den Mitarbeiter*innen zur Überprüfung von Szenen genutzt.
Wir bedanken uns ganz herzlich für diesen spannenden und aufschlussreichen Besuch bei Leonine Studios!
Ein Bericht von CLÄUSIN Maria Hamberger und Vera Ullrich (Berufsbildung Börsenverein LV Bayern)